Moby in Düsseldorf: Wie ihn die Stadt musikalisch prägte

Moby und seine "Play 25"-Tour halten lediglich in sieben europäischen Städten. Eine davon ist Düsseldorf. Foto: Moby/Mike Formanski
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Wer Moby live sehen möchte, hat nicht allzu oft die Gelegenheit. Diesen September war es wieder so weit und der kultige Künstler schaute für zwei Shows in Deutschland vorbei. Anlass ist das 25-jährige Jubiläum seines erfolgreichsten Albums, „Play“. Wir waren in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf mit dabei.

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Moby in Düsseldorf: Erstes Deutschlandkonzert seit 2011

Einige Acts sind einfach mehr als ihre Musik. Bei dem in Harlem (NY) geborenen Richard Melville Hall, genannt Moby, reicht es keinesfalls, mal eben drei, vier Songs zu hören, um dann ein Urteil zu fällen. Moby ist irgendwie für Größeres bestimmt. Musik mache ihm Spaß, aber seine Berufung ist das Kämpfen für Tierrechte. Er lebt seit fast 40 Jahren vegan, hat auf den Unterarmen in Großbuchstaben „Animal Rights“ und am Hals „Vegan for Life“ tätowiert. Darüber hinaus positioniert er sich bei den US-Wahlen stets unmissverständlich und hat erst kürzlich Kamala Harris als seine Favoritin genannt. Er betreibt Restaurants, gibt Songs für nicht-kommerzielle Filmemacher:innen frei, dreht selbst Naturdokus und hat bei zig Organisationen die Finger im Spiel.

„Vegan for Life“ hat Moby als Tattoo am Hals, auf seinen Unterarmen steht „Animal“ und „Rights“. Foto: Christopher Filipecki

All das spielt neben seiner sphärischen, selten gleichklingenden Musik eine große Rolle. Am Ende ist Moby einfach ein Gesamtkunstwerk. Auch wenn die Zeit, in der er mit Songs großen Einfluss auf Hörgewohnheiten und Trends ausübte, schon länger vorbei ist, so bleibt einfach seine Persönlichkeit das Faszinierende. Seit 2011 spielte der 59-jährige hierzulande nicht mehr live. Für „Play 25“ stehen gerade einmal sieben Termine in Europa an, gleich zwei davon in Deutschland. Neben Berlin ist Düsseldorf the place to be. Grund dafür ist Mobys Vorliebe für die Bands Kraftwerk und Deutsch Amerikanische Freundschaft (DAF), die beide aus der Landeshauptstadt stammen und seinen Musikgeschmack prägten. Die Mitsubishi Electric Halle meldet wenige Tage vor dem Tourtermin ausverkauft. 7500 Menschen sind also am Start.

2 Stunden Show zum 25-jährigen Jubiläum von „Play“

„Play“ verkaufte 1999 über 6,6 Millionen Einheiten. Am erfolgreichsten lief es in UK und wurde mit Sechsfachplatin ausgezeichnet. Ein Album, das damals einen beeindruckenden Kontrast zur anhaltenden Boy- und Girlband-Welle setzte. Eine Mischung aus Ambient, Drum’n’Bass, Techno und sogar Blues. Viele zählen es zu den wichtigsten Electro-Werken der letzten 30 Jahre. Umso erstaunlicher, dass man ab 19:30 Uhr für eine halbe Stunde im Vorprogramm akustischen Soul serviert bekommt. Lady Blackbird kommt aus New Mexico und bringt old schoolige Black-Music-Vibes in die Halle. Das ist stimmlich wirklich hervorragend, musikalisch aber in der Auswahl als Moby-Support etwas verwirrend. Das Publikum, das durchschnittlich wohl die 40 bereits geknackt hat, klatscht höflich.

Um 20:30 Uhr gibt es schließlich das Hauptprogramm. Ziemlich genau zwei Stunden dauert es an und umfasst 21 Titel. Die setzen sich aus acht Songs vom Geburtstagskind „Play“ und 13 weiteren aus der über 30 Jahre umfassenden Karriere des DJs, Gitarristen, Sängers und Produzenten zusammen. Besonders überrascht wohl der Bühnenaufbau: Neben Moby sind gleich sieben weitere Musiker:innen dabei, darunter zwei Streicher, Drums, Keyboard, Gitarre sowie zwei Sängerinnen. Aufwändige Visuals auf Leinwänden gibt es eher weniger, Videoeinspielungen sogar keine, dafür aber eine äußerst aufwändig gestaltete Lichtshow mit unzähligen Spots, die tranceartige Clubatmo zaubern.

Wer gedacht hätte, dass Moby als DJ auftritt und einfach Hits über den Computer abfeuert, bekommt in Düsseldorf wirklich das exakte Gegenteil. Moby spielt Gitarre, Congas und Synthesizer, hin und wieder singt er. Zu mehreren Songs erzählt er Geschichten, zum Beispiel wie sein größtes Vorbild David Bowie irgendwann zu einem Freund wurde. Fast immer bedankt er sich mit einem mehrfachen „Thank you, thank you, thank you“. Zwischenzeitlich lobt er alle Tieraktivist:innen im Raum und erwähnt die Organisationen, an die heute die Einnahmen gehen.

Viel mehr Live als erwartet: Moby in Düsseldorf überrascht mit großer Band

Insbesondere in den Arrangements bekommt man viel mehr Livemusik, als man es sich wohl ausgemalt hat. Moby probiert, so viele Spuren wie möglich live zu reproduzieren. Natürlich kommen manche elektronischen Ausarbeitungen vom Band, jedoch wird jeder Song mit Schlagzeug, E-Gitarre und wirklich sehr schönen Cello- und Violinen-Sounds erweitert. Das Außergewöhnlichste ist aber wohl der Gesang, der von zwei Sängerinnen mit Soulstimmen kommt, die an dem Abend echt gut zu tun haben. Mehrere Tracks sind zwar in der Auswahl an Worten überschaubar, aber dafür sind die Melodien, die in den Originalsongs oft Samples sind, gar nicht so einfach nachzuahmen, was sie hervorragend meistern. Dementsprechend muss sich das Publikum auch auf sehr eigenwillige und untypische Versionen diverser Classics einstellen.

Zwar gibt es mit „Bodyrock“ oder „Feeling so Real“ auch immer mal wieder Lieblinge, die den Studioversionen nah kommen, aber auf der anderen Seite sind eben „Porcelain“, „Why Does My Heart Feel So Bad“ (übrigens mit Support Act Lady Blackbird am Mikro) oder „Natural Blues“ zum Teil rockiger, dann wiederum bluesiger, in beiden Fällen aber weniger elektronisch. Die Entscheidung, die Songs für ein Livegewand anzupassen, ist mutig, aber auch faszinierend. Ebenso viel Edge besitzt eine akustische Coverversion von Johnny Cashs „Ring of Fire“, bei der Moby das Publikum bittet, das Trompetensolo zu singen – und auch „Almost Home“ als fast schon Gospel-Einlage nimmt sämtliches Tempo heraus.

Man hätte vorher darauf wohl kein Geld verwettet, dass Moby an der Gitarre und mit mehreren Sängerinnen „Ring of Fire“ covern würde. Foto: Christopher Filipecki

Moby in Düsseldorf ist somit ein Ritt durch enorm viele Genres. Drum’n’Bass-Momente, als ob The Prodigy auftreten, dann wieder depressiven Blues mit Streichinstrumenten und viel Tristesse in der Halle und zum großen Finale ein Rave, als ob die Loveparade niemals geendet hätte. Pure Eskalation auf den Rängen, im Innenraum, überall. Tanzen, als ob niemand zuschaut. Seit Anfang der 90er endet Moby seine Konzerte mit „Thousand“, einem ohrenbetäubenden Rave-Spektakel, das nach der Veröffentlichung als schnellstes Lied der Welt ins Guiness Buch kam. Hierzu wird er von einer absolut wahnsinnigen Lasershow angestrahlt und als DJ-Legende göttergleich verabschiedet. Ein untypisches Konzert, ein untypischer Künstler.

Mehr zu Moby auf der Website, bei Facebook, Instagram, TikTok, X und Threads.

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