Dragqueens, die in den deutschsprachigen Ländern auch außerhalb der Szene bekannt sind, gibt es bisher nur wenige. Die einen moderieren, die anderen singen. Mit Pam Pengco gibt es nun allerdings eine ziemlich vielversprechende Anwärterin auf den nächsten großen Comedy-Hype. Die Kölnerin liefert mit der Premiere ihres ersten Soloprogramms „Ich entschuldige mich im Voraus!“ in Bergneustadt eine ordentlich hohe Gag-Trefferquote.
Pam Pengco: Vom Dorf in die Domstadt
Heinsberg ist nicht unbedingt die NRW-Stadt, die viel Bekanntheit genießt. Bei Keyenberg, einem Stadtteil von Erkelenz, steigen dann aber wohl alle aus. Hierher kommt David Kirfel, 1988 geboren. Er selbst bezeichnet sich als Mensch vom Dorf, dagegen sei Bergneustadt, wo seine allererste Tour ihre Premiere feiert, quasi eine Art Weltmetropole. Seit vielen Jahren macht David Drag, sein Alter-Ego Pam Pengco war zunächst auch als Sängerin aktiv, allerdings steht seit guten vier Jahren Comedy im Vordergrund. Sie überzeugte bei „Das Supertalent“, stand schon zusammen mit Chris Tall in „Darf er das?“ auf der Bühne, war Jurorin in der Talentshow „All Together Now“ und ist Teil der Jury bei „Viva La Diva – Wer ist die Queen?“. Doch jetzt wird’s Zeit für eigene Ideen.
Einen guten Vorgeschmack gab es schon bei vielen „Nightwash“-Auftritten, die ordentlich Applaus einfuhren. Im Schauspielhaus Bergneustadt – einem dieser ganz alten, äußerst urigen Theater, in denen gute 30 Leute in wenigen Reihen hintereinander sitzen und sich die Bühne keinen Meter vom Publikum entfernt befindet – soll „Ich entschuldige mich im Voraus!“ starten. Pam betont: Im Voraus bedeute, dass sie es ja schon gemacht hätte, bevor der Auftritt stattfindet. Währenddessen gibt’s kein erneutes Sorry.
Queere Themen, aber nicht nur
Gut so, denn Pam Pengco zieht mit zwei Akten à 55 Minuten vor vollem Haus gnadenlos durch. Eigentlich ist jede einzelne Line ein Gag. Nicht selten ist man kurz irritiert, weil das Gehirn noch über das gerade Gehörte rattert, bis man plötzlich anfängt zu lachen, währenddessen aber schon die zwei nächsten super schnellen Wortwitze gefallen sind. Gerade das macht irrsinnigen Spaß, denn bei ihr dauert es nicht einige Minuten, bis eine skurrile Geschichte aufgebaut ist, um dann eine Pointe rauszuhauen – stattdessen ist einfach der gesamte Monolog durchgängig richtig witzig und besteht aus typischen Lebensbeobachtungen.
Dass sie vor ihrem ersten abendfüllenden Solo ziemlich aufgeregt ist, thematisiert sie schon im Opening. Merkt man aber fast gar nicht. Zwar liegt vor ihr auf dem Barhocker ein Zettel, auf dem sie hin und wieder mal für zwei Sekunden draufschaut, das ist aber dann auch das Einzige. Das gesamte Programm fluppt locker und fluffig durch, Hänger oder Aussetzer gibt es keine bemerkbaren. Auch wenn sie als Comedy-Dragqueen hierzulande nun ein Alleinstellungsmerkmal hat, ist der Inhalt ihrer Show nicht durchgängig mit queeren Themen gespickt. Klar, da geht es durchaus auch mal um schwulen Sex oder Make-up, ansonsten sind aber rund 90 Prozent so angelegt, dass Menschen jeglicher Sexualität und Gender connecten können.
Pam Pengco bringt „einfach mal Unruhe“ rein
Derbe wird’s trotzdem, was man bei einem „Ich entschuldige mich im Voraus!“ auch erwarten darf. Da wird’s versaut und detailliert, dann auch mal völlig wahnsinnig und grenzüberschreitend, schnell aber auch wieder einfach nur skurril und alltagsnah. Ihr Lebensmotto „Einfach mal Unruhe reinbringen“ ist der rote Faden der Show und erzählt von kleinen Sticheleien und Scherzen, die man ins Leben einstreuen kann, um zu schauen, was passiert. Beispiel? Einfach mal den Chef fragen, was er eigentlich beruflich macht. Oder der Kassiererin im Supermarkt auf den Senkel gehen, indem man vorab jede Banane einzeln abwiegt und den Strichcode in die Krümmung klebt, um sich so mehr Zeit zum Einpacken zu verschaffen. Doch auch persönliche Storys über erfolgloses Dating, die Vorliebe zum Essen und Chillen oder das Verhältnis zu den Eltern werden von Pam Pengco sympathisch, klug und straff getimt transportiert. Zum Ende gibt es für die Gen Y noch eine hübsche Hommage an das wichtigste Jugendmagazin überhaupt, die Bravo, nämlich ein „Best of Dr. Sommer-Fragen“.
Natürlich ist Comedy von einer Dragqueen auch mal politisch inkorrekt, jedoch hält sich das Ganze eindeutig in Grenzen. Das Maß ist auch deswegen ok, weil sich die Künstlerin selbst so gar nicht ernst nimmt – und ihr Publikum genauso wenig. Ein alter Bekannte von ihr sitzt in Reihe 1 und wird mehrfach für ein paar dirty Moments eingebunden, in der zweiten Hälfte gibt es als Opening eine kleine Fragenrunde, bei der alle unzensiert von ihr das erfahren sollen, wonach ihnen eben ist. Im Anschluss an den Gig steht Pam Pengco noch für Fotos und Autogramme bereit.
Das hat Potenzial, noch richtig durch die Decke zu gehen. Neben Simon Stäblein und Tahnee die nächste queere Comedy-Ikone? Sehen wir durchaus! Unbedingt vorbeischauen, bevor die Intimität und Gemütlichkeit, die in so heimeligen Locations wie Bergneustadt weg ist und Pam Pengco und ihr Stand-Up die großen Hütten vollmacht.
Mehr zu Pam Pengco auf der Website, bei Facebook, Instagram und TikTok.
Weitere NRW-Termine: 27.10. Köln, 14.1. Bonn, 15.1. Mönchengladbach, 16.1. Krefeld, 29.1. Bielefeld
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