Horror Stories in Wuppertal: Die meinen’s ernst. Wirklich.

Dieses Auto spielt im "The Dark Forest" eine sehr wichtige Rolle. Foto: Escape Stories Wuppertal
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Horrorfan? Ok, cool. Escape-Room-Fan? Auch cool. Aber beides zusammen kickt anders. Jetzt wirklich, ohne Spaß. Horror Stories in Wuppertal sind ihre ganz eigene Kategorie. Ein Selbstversuch.

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Top 40

„Das sieht aber gruselig aus“ – Jap. Willkommen im „Dark Forest“. Foto: Escape Stories Wuppertal

Anfang Januar landet im Redaktionspostfach eine Einladung nach Wuppertal. Gefahr bis hierher? Wahrscheinlich null. Doch Jana Erbes, Projektleitung bei Horror Stories in Barmen, einer Zweigstelle von den 2018 gegründeten Escape Stories ganz in der Nähe vom Wuppertaler Hauptbahnhof, hat ein Angebot, das beim bloßen Lesen Gänsehaut bereitet: Die zwei Escape Räume „The Dark Forest“ und „Asylum of Fear“ haben es beide in die Top 40 im Insider:innen-Kreisen sehr bekannten TERPECA-Ranking (Top Escape Room Project) geschafft. Sie gehören also zu den 40 besten Escape-Rooms weltweit. Nicht nur im Horrorbereich, nein, hier werden alle Escape Rooms berücksichtigt. Stolze sieben Räume aus Deutschland haben es in die Top 100 geschafft, was schon eine Meisterleistung ist. Doch Horror Stories schaffen es sogar, zweimal vertreten zu sein, einmal auf Platz 24 und einmal auf Platz 40. Lediglich ein Raum in Deutschland hat es vor ihnen geschafft – der hat aber mit Horror nix am Hut.

Der Einladung von Horror Stories gefolgt – ein Fehler?

Merkt euch für „Asylum of Fear“ das rechte Gesicht schon mal. Warum? Nur so… Foto: Escape Stories Wuppertal

Kann man so eine Einladung ablehnen? Eben. Wenn die Cracks der Szene rufen, muss man dem Ruf folgen. Doch zugegeben: Die Zusage macht ein mulmiges Gefühl im Bauch. Schließlich bewerten bei TERPECA nur Hardcore-Spieler:innen die Räume, also Menschen, die wirklich schon sehr viele Escape Rooms gesehen haben. Wer hier absahnt, muss geliefert haben. Liefert man im Horrorgenre, ist die einzig logische Konsequenz: Das muss wirklich richtig übel sein. Im Gepäck mit drei vermeintlich furchtlosen Freund:innen geht es für den coolibri-Chefredakteur zur Location, die von außen so gar nicht atmosphärisch aussieht: irgendein Innenhof in irgendeiner Wohngegend. Ein Gebäudekomplex, in dem man sich Räume mieten kann. Auch ein Künstleratelier findet sich hier. Aber eben auch der deutlich erkennbare Eingang fürs erste Spiel: „The Dark Forest“ steht in der Ecke aufgedruckt auf zwei riesigen Türen. Daneben hängt ein Klemmbrett und eine Willkommensnachricht mit diversen Warnhinweisen. Schwangere, Epileptiker:innen, Menschen mit Herzrhythmusstörungen, Menschen unter Drogen- und Alkoholeinfluss, aber auch stark zu verängstigende Personen sind sowas von falsch und sollten besser umdrehen. Unterschrieben? Check. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.

Wenn die Hexe von Blair mit Samara aus „The Ring“ spielt

Einen Safespace gibt es nur zu Beginn. Das ist nämlich die Umkleide, in der es Schränke zum Verschließen sämtlicher Taschen, Jacken und leuchtender Gegenstände wie Handys oder Uhren gibt. Und ein paar Klos. Schon der Vorraum ist düster und hat etwas von Warten auf die nächste Gondel in der Kirmes-Geisterbahn. Dreimal an der Tür geklopft, geht sie auf – und das Spiel los. Ab hier sollten Spoiler natürlich so gut es geht vermieden werden, ganz ohne wird’s aber schwierig. Deswegen nur ein kurzer Abriss zur Story: Ein Dorfbewohner „begrüßt“ die Spieler:innen und erzählt von immer mehr vermissten Personen im angrenzenden Wald. Ob es möglich ist dem Geheimnis auf die Spur zu kommen und die verloren gegangenen Influencer:innen wiederzufinden? Bereits der erste Raum, in dem man sich letztendlich aber nur wenige Minuten aufhält, fühlt sich an wie das Setting in „Tanz der Teufel“. Danach geht es aber, so wie auch für Ash im gleichnamigen Kult-Splatter-Movie, nach draußen.

Das kann nichts Gutes bedeuten – oder? Foto: Escape Stories Wuppertal

Die Macher:innen von Horror Stories – dahinter stecken die Betreiber:innen Saskia Porbadnik und Christian Kohlhaas, Sinja Polti als Planerin der Game-Master, Stephen William Brown Boys als künstlerischer Gestalter der Kulissen, Benedikt Zach als Industriedesigner und Bühnenbildner, Max Zarfl für die Onlinepräsens, Laura Volbert für diverse Social-Media-Grafiken und eben Projektleitung Jana Erbes – schicken ihre Besucher:innen in einen Wald, aber indoor. Einen selbstgebauten Wald auf 200qm voller Nebel, Kälte, Regentropfen, modrigem Boden, schaurigen Stationen und verdammt viel unwohlem Gefühl. Soundeffekte, Blitzlicht und ein überragendes Timing sorgen eigentlich schon für Grusel, bevor es wirklich losgeht. Und es geht los. Aber so richtig. Am besten lässt sich das Gefühl wohl so beschreiben, dass man Samara aus „The Ring“ in dem Setting von „Blair Witch Project“ erlebt.

The Dark Forest – Für Mutige ohne viele Vorkenntnisse

„The Dark Forest“, der es übrigens zum zweiten Mal in die Top 40 schaffte – 2022 nach der Eröffnung im April belegte man Platz 29 – erfordert vor allen Dingen richtig viel Mut. Die Sicht ist eingeschränkt, es ist verdammt dunkel, die Größe des Waldes nahezu nicht einschätzbar. Das Team spielt mit Urängsten. Dass man weder weiß, was als nächstes passiert, noch wann es passiert, löst pures Adrenalin aus, das gefühlt gar nicht mehr enden will. 100 Minuten lang dauert die Experience und ist echt nur für Leute zu empfehlen, die hartgesotten sind. Klingt nach Werbung, ist aber exakt genau so gemeint. Durch die eingeschränkte Sicht und die Panik vor dem nächsten Schreckmoment werden die Rätsel selbst fast zur Nebensache. Zum Glück sind die in der Schwierigkeit recht überschaubar, sodass auch Anfänger:innen mit Neugier gut durchs Spiel kommen. Außerdem gibt es rechtzeitig immer clever eingebaute Unterstützung von der Spielleitung. Hat man es bis zum Ende lebend geschafft, warten gekühlte Getränke und Kinosessel auf einen. Dann kann man sich zurücklehnen, probieren, herunterzukommen und mitgefilmte Highlights noch einmal erleben. Ein besonderer Clou ist das Zuschauerticket – wer einfach nur beobachten, aber nicht direkt mitspielen möchte, kann zum kleinen Preis auch sofort die Beine überschlagen und alles ganz sicher und ungruselig live mitverfolgen.

Wer den „Dark Forest“ gemeistert hat, kann seine schauspielerische Leistung im gerade erschienenen Horrorfilm direkt anschauen. Foto: Escape Stories Wuppertal

Asylum of Fear – Für die Furchtlosen mit Action-Hang

Gleicht „The Dark Forest“ mehr einem privaten XXL-Horror-Maze wie man es zum Halloween-Fest aus dem Movie Park kennt in der Extended Version – nur eben ohne andere Menschen um einen herum – so schlägt der im vergangenen Jahr eröffnete „Asylum of Fear“, das sich einen Eingang weiter und zwei Treppen höher befindet, ganz andere Wege ein. Das fiktive Dorf „Foresti“ liegt offensichtlich mitten in Wuppertal-Barmen und wirkt wie eine Riesenattraktion im Freizeitpark. Manche Abzweigungen warten noch auf ihre Eröffnung, denn der dritte Raum soll womöglich Ende des Jahres Premiere feiern. Doch bis dahin kann man sich in der alten Psychiatrie, die in den 80ern schloss, austoben – oder wer tobt hier eigentlich? Auch in dieser Location geht es nach dem Verschluss von unnötigem Ballast direkt ins Geschehen, allerdings ist das Spielgefühl komplett anders.

Kann es für einen Horror-Escape Room eine schlimmere Location geben als eine Psychiatrie? Siehst du. Foto: Escape Stories Wuppertal

Liebhaber:innen klassischer, aber eben sehr aufwändiger, großer Escape Rooms und Geocaches fühlen sich beim 2023-Ranking erreichten Platz 24 schnell abgeholt, ist die erste Aufgabe nämlich direkt das Suchen eines Gegenstandes. Dann gibt es Scheiben, die richtig angeordnet werden müssen, um einen Gang freizusetzen, der schließlich in die Klinik führt. Nur auf etwas speziellem Wege… „Asylum of Fear“ fordert wesentlich mehr körperlichen Einsatz. Sport wäre jetzt übertrieben, aber sportlicher ist es schon. Viele kleine Räume, Wasser, viel Nebel, leuchtende Knöpfe, eine schmale Wegführung. Eben so, wie man das in Geisterbahnen zum Durchlaufen kennt. Und auch hier ist man nicht allein – nur wo sind die ehemaligen Patient:innen und Mitarbeitenden der Psychiatrie? Ein Spannungsaufbau, der wirklich wahnsinnig gemein ist. Schon mal „Silent Hill“ gezockt? Trifft es tatsächlich sehr gut. Viel mehr Köpfchen, sogar eine gewisse Interaktion mit „den Anderen“ und Teamgeist. Hier reicht Mut nicht, hier braucht es auch Erfahrung. Nach dem Verlassen kann auch an dieser Stelle das „Best of“ eingesehen werden. Zuschauer:innen sind auf Wunsch ab Sekunde 1 backstage dabei und warten, bis die anderen durch sind. Im wahrsten Sinne.

Horror Stories – eine Grenzerfahrung

Jana und ihr Team haben so abgeliefert, dafür finden sich nicht viele Worte. Beide Settings sind optisch so stark, so glaubwürdig, fantasievoll, detailverliebt und technisch ganz weit vorne. Eine riesige Gruppe an Laienschauspieler:innen lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Einige dürfen gar akrobatischen Einsatz zeigen, tragen schrecklich-schönes Makeup und Kostüm und sind mit purer Leidenschaft dabei. Schön ist der Moment nach dem Spielen, wenn man die, die einem vorher so Angst gemacht haben, nun ohne Maske erlebt und mit ihnen quatschen kann. Das ist gerade für den Kopf ziemlich wichtig, um aus der Parallelwelt entspannt zurückzukehren. Für einen Großteil der Menschen sei hiermit nochmal deutlich gesagt: Zuhause bleiben oder einen Nicht-Horror-Raum am Standort in der Innenstadt spielen. Horror Stories in Wuppertal meint es ernst. Die ziehen durch. Selbst eingefleischte Horrorfilmfans erleben hier etwas Bahnbrechendes und spüren ihren hohen Puls am Hals. Unter der Voraussetzung, dass sie sich auf das Happening einlassen natürlich. Doch für den gar nicht so kleinen Teil, der eine Herausforderung für zwei bis sechs Personen (unsere Empfehlung: vier) sucht und mittlerweile nicht nur aus Deutschland anreist – die Games können nämlich auch auf Englisch gespielt werden – ist Wuppertal the place to be. Ein sensationelles, immersives Erlebnis, das man nicht vergisst. Betreten auf eigene Gefahr.

Horror Stories, Obere Sehlhofstr. 5, Wuppertal
Escape Stories, Armin-T.-Wegner-Platz 3, Wuppertal

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