Tom Jones in Düsseldorf: Die 84-jährige lebende Legende

Tom Jones ist mit 84 fitter als viele seiner Kolleg:innen, die 20 Jahre jünger sind. Foto: picture alliance/dpa/EMI/Universal Music
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Den meisten graut es schon davor, den Job rund 40 Jahre zu machen. Tom Jones macht seinen bereits seit 60 Jahren und denkt nicht mal in Ansätzen daran, aufzuhören. Am Ende seines Gigs in der Mitsubishi Electric Halle in Düsseldorf stellt er seinen Musical Director Gary Wallis vor, mit dem er auf vielen Welttourneen war – und noch viele mehr geplant hat. Dagegen hätten wir schon mal nichts.

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Man erhebe sich: Sir Tom Jones in Düsseldorf

Wer mit 84 seinen Job bereits sechs Dekaden ausführt, muss ihn wirklich lieben. Bei Tom Jones, eigentlich Sir Thomas John Woodward, trifft das uneingeschränkt zu. Das spürt man am 8.8.24, einem Donnerstag, in Düsseldorf in der Mitsubishi Electric Halle zu jeder Sekunde. Wenn der Waliser um Punkt 20 Uhr auf die Bühne kommt, hat er ein wenig den typischen, niedlichen Opi-Schluffi-Gang drauf. Beim Laufen sieht man ihm das Alter schon an, wobei es viele 84-Jährige gibt, die sich am Rollator stützen müssen. Die ersten Standing Ovations empfangen ihn jubelnd.

Doch bei dem, was er mit seinen Stimmbändern produziert und ins Mikrofon abgibt, sind jegliche Minizweifel verflogen. Übernimmt er sich nicht ein wenig? Keinesfalls. Stattdessen ist der bereits 1966 mit einem Grammy ausgezeichnete Sänger so klar bei Verstand, so witzig und charmant wie eh und je. Da bleibt einem doch mehrfach der Mund offen stehen und  man wünscht sich, irgendwann in diesem Alter halbwegs mithalten zu können.

Auf der „Ages and Stages“-Tour reist er seit Mai 2023 über vier Kontinente. Amerika, Asien, Australien, Europa. Allein 2024 sind es insgesamt rund 70 Konzerte. Was für andere Rentner:innen wie ein Albtraum klingt, gibt dem „Tiger“, wie er schon immer genannt wird, gefühlt nur noch mehr Energie. In Deutschland gibt es fünf Auftritte, Düsseldorf ist der einzige in NRW. Danach folgen noch zwei in UK und dann hat man Europa auch schon wieder hinter sich gebracht, bevor es erneut in die Staaten geht. Abnutzungserscheinungen in der Landeshauptstadt, weil schon zigmal gespielt? Nicht im Geringsten.

Setlist: 110 Minuten, 22 Songs. Kann man machen.

Stattdessen gibt es satte 110 Minuten Musik und 22 Songs. Wer regelmäßig Konzerte besucht, weiß, dass es sehr viele Acts gibt, die nicht mal halb so alt sind und weit darunter liegen. Hinsichtlich der Stage-Time gibt das auf jeden Fall schon mal volle Punktzahl. Tom hat genau zwei Dinge vor: Sehr viel singen und locker flockig anmoderieren. Mehr braucht es auch nicht. Die Showelemente sind bei dem reinen Sitzplatzkonzert, das mit rund 5500 Zuschauer:innen rappelvoll ist, auf die Basics heruntergefahren. Es gibt schönes Licht und Visuals, die immer Tom live integrieren. Besonders die Großaufnahmen von ihm sind äußerst hübsch, bei manch anderen Ideen wie blutverschmierte Notenblätter wird es manchmal etwas trashy. Aber das ist auch so ziemlich der einzige Kritikpunkt.

2021 brachte Tom Jones das Album „Surrounded By Time“ heraus, das in seiner Heimat Platz 1 erreichte. Foto: picture alliance/dpa/EMI/Universal Music

Denn auch im Ton zeigt die Mitsu mal wieder, dass sie zu Recht eine der Top-Locations in NRW ist. Die fünf Musiker inklusive Drummer und Musical Director Gary Wallis sind mit Tom hervorragend eingegroovt und werden hervorragend abgenommen. Dank der kreativen Arrangements, die easy zwischen Pop, Rock, Country, Samba, Folk, Rock’n’Roll, Walzer, Funk und mehr hin- und herswitchen, gibt es neben den klassischen Instrumenten auch mal überraschendere Augenblicke an Congas, Akkordeon oder einem stylischen E-Kontrabass.

Hits gibt es in großen Mengen, aber eben oft in überraschenden Versionen. „It’s Not Unusual“ hat Rhythmen, zu denen man heiß die Hüften schwingen kann, der besonders in Deutschland extrem erfolgreiche „Sexbomb“ aus 1999 startet als dramatische Piano-Jazz-Nummer, bevor es dann doch groovy wird. Der Opener des Abends, „I’m Growing Old“, hat auf Anhieb etwas Bittersüßes und Schwermütiges. „Delilah“ ist Schunkelparade erster Klasse und bringt das Publikum zum Mitsingen. Gen Ende wird es sowieso viel beschwingter, als man wohl auf einem Gig von einem Ü80-Artist erwartet, denn zum Ende zeigt Tom Jones in Düsseldorf seine große Leidenschaft für 50s-Sounds. „Johnny B. Goode“ und „Great Balls of Fire“ ergeben ein starkes Finale.

Tom Jones in Düsseldorf: Wenn’s nach ihm geht, war’s nicht das letzte Mal

Funfact: Fast die gesamte Setlist besteht aus Coverversionen. Oft hat Tom Songs von anderen adaptiert, darunter auch „Green Grass of Home“ oder „What’s New Pussycat?“. Durch ihn wurden sie aber erst so erfolgreich. Gleichzeitig traut er sich aber auch an Classics wie „Kiss“ von Prince oder „You Can Leave Your Hat On“ von Joe Cocker und schüttelt sie mit Entertainment und Leichtigkeit locker aus dem Ärmel.

Zu „Johnny B. Goode“ erzählt er, wie er parallel zu Elvis Presley – ja, ohne Witz jetzt – in Las Vegas aufgetreten ist und Elvis eines Abends mit ihm zu einer ebenfalls in Vegas laufenden Show von Chuck Berry düste. An anderer Stelle erzählt der wirklich charismatische Gastgeber, dass er 2021 mit seiner aktuellen LP „Surrounded By Time“ der älteste Sänger mit einem Nr.1-Album in UK wurde. Außerdem hat er letztes Jahr auf dem 90. Geburtstag von Willie Nelson gesungen hat – und wenn der mit 90 noch zockt, er selbst mit 84 das ja wohl noch locker kann. Wir stimmen dem total zu.

Schade: „She’s A Lady“ hat es nicht in den Abend geschafft. Der hätte doch super gematcht. Ansonsten sind die fast zwei Stunden aber mit viel Musikalität, britischem Humor und Unterhaltung der alten Schule ein rundes Ding. Wie krass beeindruckend der Gesang, der von tiefen Basstönen bis in klare Tenorlagen wandert, immer mit der richtigen Technik gesungen wird und wenn nur altersbedingt an ganz kleinen Stellen mal nicht perfekt klingt, kann man nicht oft genug betonen. Tom Jones hat in Düsseldorf meist einen festen, breitbeinigen Stand – die Hüften und Arme gehen aber dennoch immer mit. Den roten Faden für die Strukturen der Lieder verliert er sowieso nie. Tiger bleibt Tiger, wer hier Chef im Ring ist, bleibt ohne Diskussion. Das ist schon arg cool und laut ihm ja nicht das letzte Mal. Wir nehmen dich beim Wort, Tom.

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Aktuell sind keine weiteren NRW-Termine geplant, weitere Deutschland-Termine: 10.8. Berlin, 12.8. Leipzig, 14.8. Hannover.

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